Zum Inhalt springen

Wachkoma

Wachkoma und außerklinische Beatmungspatienten – Spezialisierte ergotherapeutische Versorgung bei Ergomedic

Professionelle Betreuung für Menschen mit schweren Bewusstseinsstörungen

Die Ergomedic-Praxis in Pulheim-Brauweiler ist spezialisiert auf die ergotherapeutische Behandlung von Menschen im Wachkoma (Syndrom reaktionsloser Wachheit) und außerklinisch beatmeten Patienten. Wir bieten professionelle, individuell angepasste Therapien sowohl in unserer Praxis als auch bei Ihnen zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen.


Was ist Wachkoma (Syndrom reaktionsloser Wachheit)?

Definition und Merkmale

Das Wachkoma, medizinisch als Syndrom reaktionsloser Wachheit (SRW) oder apallisches Syndrom bezeichnet, ist eine schwere Bewusstseinsstörung nach akuter Hirnschädigung. Betroffene wirken wach, haben die Augen zeitweise geöffnet, zeigen aber keine erkennbaren Zeichen von Bewusstsein und können nicht mit ihrer Umwelt kommunizieren.

Charakteristische Merkmale des Wachkomas:

  • Wachheit ohne Bewusstsein: Die Augen können geöffnet sein, der Blick geht jedoch starr und unfixiert ins Leere
  • Erhaltener Schlaf-Wach-Rhythmus: Patienten wechseln zwischen Phasen mit geöffneten und geschlossenen Augen
  • Keine bewusste Wahrnehmung: Keine erkennbare Reaktion auf visuelle, akustische oder taktile Reize
  • Keine Kommunikationsfähigkeit: Weder Sprachverständnis noch Sprachproduktion
  • Erhaltene Vitalfunktionen: Funktionen von Zwischenhirn, Hirnstamm und Rückenmark bleiben erhalten – Atmung, Herzkreislauf und Temperaturregulation funktionieren weitgehend selbstständig

Ursachen des Wachkomas

Die häufigsten Ursachen für ein Wachkoma sind schwere Schädigungen des Gehirns durch Sauerstoffmangel nach Herz-Kreislauf-Stillstand, Schädel-Hirn-Traumata nach Unfällen, Schlaganfälle, Hirnblutungen, Hirnentzündungen oder Hirntumore.

Häufigste Auslöser:

  • Hypoxie (Sauerstoffmangel): Nach Reanimation, Beinahe-Ertrinken oder schweren Infektionen
  • Schädel-Hirn-Trauma: Nach Verkehrsunfällen, Stürzen oder Gewalteinwirkung
  • Schlaganfall: Durch Verschluss oder Platzen von Hirngefäßen
  • Hirnblutungen: Subarachnoidalblutung oder intrazerebrale Blutungen
  • Meningitis/Enzephalitis: Schwere Hirn- oder Hirnhautentzündungen
  • Neurodegenerative Erkrankungen: Fortgeschrittene Demenz oder Parkinson-Syndrome

Syndrom des minimalen Bewusstseins (SMB)

Wenn Patienten reproduzierbar Verhaltensweisen zeigen, die auf eine bewusste Wahrnehmung der Umwelt hindeuten, befinden sie sich nicht mehr im Wachkoma, sondern im minimalen Bewusstseinszustand. Dies kann sich zeigen durch:

  • Visuelle Fixation oder Blickfolgebewegungen
  • Gezieltes Greifen nach Objekten
  • Befolgen einfacher Aufforderungen
  • Emotionale Reaktionen (Lächeln, Weinen) in angemessenen Situationen

Die Unterscheidung ist entscheidend für die Therapieplanung, da Patienten im SMB von intensiveren therapeutischen Maßnahmen und persönlicher Ansprache profitieren.


Was ist außerklinische Beatmung?

Definition

Von außerklinischer Beatmung spricht man bei einer vorübergehenden oder dauerhaften Anwendung mechanischer Atemhilfen unter häuslichen Bedingungen oder in Pflegeeinrichtungen. Die Beatmung ermöglicht Patienten mit eingeschränkter Atemfunktion ein Leben außerhalb des Krankenhauses.

Formen der Beatmung

Nicht-invasive Beatmung (NIV): Die Beatmung erfolgt über Nasen-, Mundmaske oder Mundstück ohne chirurgischen Eingriff. Diese Form wird bevorzugt bei:

  • COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung)
  • Amyotropher Lateralsklerose (ALS) im frühen Stadium
  • Neuromuskulären Erkrankungen
  • Obesitas-Hypoventilationssyndrom
  • Thorakal-restriktiven Erkrankungen

Invasive Beatmung: Die Beatmung erfolgt über einen Luftröhrenschnitt (Tracheostoma). Diese Form ist erforderlich bei:

  • Vollständiger Abhängigkeit vom Beatmungsgerät
  • Schwerer Beeinträchtigung der Schluckfunktion
  • Notwendigkeit intensiver Bronchialtoilette
  • Erfolgloser nicht-invasiver Beatmung

Indikationen für außerklinische Beatmung

Außerklinische Beatmung wird eingesetzt bei Patienten mit chronischer respiratorischer Insuffizienz verschiedener Ursachen:

  • Neurologische Erkrankungen: ALS, Muskeldystrophien, Querschnittlähmung, Multiple Sklerose
  • Lungenkrankheiten: Schwere COPD, Lungenfibrose
  • Thorakale Erkrankungen: Thoraxdeformitäten, Skoliose
  • Nach Intensivtherapie: Prolongiertes Weaning nach Langzeitbeatmung
  • Wachkoma-Patienten: Mit beeinträchtigter Atemfunktion

Typische Komplikationen bei Wachkoma und Beatmungspatienten

Patienten im Wachkoma und außerklinisch beatmete Patienten sind anfällig für vielfältige medizinische Komplikationen, die eine spezialisierte Pflege und Therapie erfordern:

Respiratorische Komplikationen

  • Pneumonien: Durch verminderte Hustenreflexe und eingeschränkte Sekretclearance
  • Atelektasen: Kollaps von Lungenabschnitten
  • Sekretansammlung: Erschwerte Bronchialtoilette
  • Tracheostoma-Komplikationen: Infektionen, Granulationsgewebe

Muskuloskelettale Probleme

  • Kontrakturen: Gelenkversteifungen durch Immobilität
  • Spastik: Erhöhte Muskelspannung
  • Osteoporose: Knochenschwund durch fehlende Belastung
  • Druckgeschwüre (Dekubitus): Bei längerer Immobilität

Gastrointestinale Komplikationen

  • Schluckstörungen (Dysphagie): Aspirationsgefahr
  • Ernährungsprobleme: Notwendigkeit der Sondenernährung
  • Obstipation: Stuhlverstopfung
  • Reflux: Magensäure-Rückfluss

Neurologische Komplikationen

  • Epileptische Anfälle: Bei ca. 20-30% der Patienten
  • Hydrozephalus: Störung des Liquorabflusses
  • Vegetative Dysregulation: Unregelmäßige Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur
  • Heterotope Ossifikationen: Knochenbildung im Weichteilgewebe

Weitere Komplikationen

  • Harnwegsinfektionen: Durch Dauerkatheter
  • Thrombosen: Durch Immobilisation
  • Hautprobleme: Vermehrtes Schwitzen, Hautmazeration
  • Kommunikationsdefizite: Isolation und fehlende Interaktion

Was bietet Ergomedic für Wachkoma- und Beatmungspatienten?

Professionelle Bewusstseinsdiagnostik

Die Rate an Fehldiagnosen bei der Unterscheidung zwischen Wachkoma und minimalem Bewusstseinszustand liegt bei 37-43%. Eine genaue Diagnostik ist daher entscheidend für die richtige Therapieplanung.

Unsere diagnostischen Verfahren:

Psychometrische Assessments: Wir setzen die Coma Recovery Scale-Revised (CRS-R) ein, die sich international als Goldstandard zur Unterscheidung zwischen Wachkoma und minimalem Bewusstseinszustand bewährt hat. Dieses standardisierte Verfahren erfasst:

  • Auditive Funktionen (Reaktion auf Geräusche, Sprache)
  • Visuelle Funktionen (Blickfixation, Blickfolgebewegungen)
  • Motorische Funktionen (Bewegungen, Objektgebrauch)
  • Orale-motorische Funktionen (Schlucken, Lautieren)
  • Kommunikation (Ja/Nein-Antworten)
  • Vigilanz (Wachheit, Aufmerksamkeit)

Vorteile der CRS-R:

  • Standardisierte, wiederholbare Untersuchung
  • Klare Unterscheidung zwischen verschiedenen Bewusstseinszuständen
  • Verlaufsbeurteilung und Therapiekontrolle möglich
  • Vermeidung von Fehldiagnosen

Weitere Assessments:

  • Koma-Remissions-Skala (KRS): Verlaufsbeurteilung bei deutschsprachigen Patienten
  • Basale Stimulation: Erfassung feiner körperlicher Reaktionen
  • Funktionelle Assessments: Frühreha-Barthel-Index, Early Functional Ability Assessment

Einschätzung des Bewusstseinsgrads

Auf Basis der psychometrischen Assessments können wir den Grad des Bewusstseins präzise einschätzen und zwischen folgenden Zuständen differenzieren:

  1. Koma: Keine Augenöffnung, keine Wachheit
  2. Syndrom reaktionsloser Wachheit (SRW): Wachheit ohne Bewusstsein
  3. Syndrom minimalen Bewusstseins Minus (SMB-): Basale Verhaltensweisen wie Blickfixation
  4. Syndrom minimalen Bewusstseins Plus (SMB+): Befolgen von Aufforderungen, Kommunikationsansätze
  5. Verwirrtheitssyndrom: Funktionelle Kommunikation möglich, aber kognitive Einschränkungen

Diese präzise Diagnostik ermöglicht uns:

  • Individuell angepasste Therapieziele zu definieren
  • Realistische Prognosen zu erstellen
  • Angehörige fundiert zu beraten
  • Therapiefortschritte objektiv zu dokumentieren

Individuell angepasste Therapieangebote

Basierend auf der Bewusstseinsdiagnostik entwickeln wir einen individuellen Therapieplan:

Bei Patienten im Wachkoma (SRW):

  • Basale Stimulation: Körperbezogene Stimulation zur Wahrnehmungsförderung
  • Sensorische Integration: Gezielte Sinnesreize (visuell, auditiv, taktil, olfaktorisch)
  • Kontrakturprophylaxe: Lagerung, passive Mobilisation, Gelenkdurchbewegung

Bei Patienten im minimalen Bewusstseinszustand (SMB):

  • Kognitive Stimulation: Gezieltes Training von Aufmerksamkeit und Orientierung
  • Kommunikationsanbahnung: Etablierung einfacher Ja/Nein-Signale
  • Motorisches Training: Anbahnung gezielter Bewegungen
  • Alltagsorientierte Aktivitäten: Einbeziehen in einfache Handlungen
  • Neurofeedback: Bei entsprechender Kooperationsfähigkeit
  • Neuromodulation (tDCS): Zur Bewusstseinsförderung bei geeigneten Patienten

Bei außerklinisch beatmeten Patienten:

  • Mobilisation: Frühe Mobilisation trotz Beatmung
  • ADL-Training: Training von Alltagsaktivitäten unter Beatmung
  • Hilfsmittelversorgung: Beratung zu Kommunikationshilfen, Lagerungshilfen, Rollstühlen

Organisation von Hilfsmitteln

Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit ist die Hilfsmittelberatung und -versorgung:

Lagerungshilfen:

  • Spezielle Matratzen (Anti-Dekubitus)
  • Lagerungsrollen und -keile
  • Positionierungskissen

Kommunikationshilfen:

  • Augensteuerungscomputer bei erhaltenem Bewusstsein
  • Einfache Ja/Nein-Tafeln
  • Sprachausgabegeräte

Mobilitätshilfen:

  • Lifter und Transferhilfen
  • Rollstühle
  • Stehständer für Vertikalisierung

Weitere Hilfsmittel:

  • Orthesen zur Kontrakturprophylaxe
  • Umfeldsteuerungen

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Wir arbeiten eng zusammen mit:

  • Hausärzten und Fachärzten (Neurologen, Pneumologen)
  • Pflegediensten und Intensivpflegediensten
  • Physiotherapeuten und Logopäden
  • Sanitätshäusern für Hilfsmittelversorgung

Hausbesuche und Behandlung in Einrichtungen

Da viele Wachkoma- und Beatmungspatienten immobil sind, bieten wir flexible Behandlungsorte:

  • Häusliche Behandlung: Therapie in der vertrauten Umgebung
  • Pflegeeinrichtungen: Behandlung in Pflegeheimen oder Wohngemeinschaften
  • Intensivpflege-WGs: Spezialisierte Versorgung in Beatmungs-WGs
  • Praxisbehandlung: Bei ausreichender Mobilität und Stabilität

Lebensqualität und Langzeitversorgung

Bis zu 70% der Wachkomapatienten werden zu Hause in der Familie gepflegt. Eine professionelle Unterstützung durch spezialisierte Therapeuten und Pflegedienste ist dabei unverzichtbar für:

  • Erhalt der Lebensqualität
  • Vermeidung von Komplikationen
  • Entlastung der Angehörigen
  • Förderung vorhandener Ressourcen

Wissenschaftliche Fundierung

Die Behandlung von Wachkoma und Beatmungspatienten basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Leitlinien.

Relevante wissenschaftliche Publikationen:

Bewusstseinsdiagnostik:

  • Giacino JT, Kalmar K, Whyte J. „The JFK Coma Recovery Scale-Revised: Measurement characteristics and diagnostic utility.“ Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, 2004
  • Maurer-Karattup P, Giacino J, Luther M, Eifert B. „Diagnostik von Bewusstseinsstörungen anhand der deutschsprachigen Coma Recovery Scale-Revised (CRS-R).“ Neurologie & Rehabilitation, 2010
  • Bender A et al. „Wachkoma und minimaler Bewusstseinszustand.“ Deutsches Ärzteblatt, 2015

Leitlinien und Empfehlungen:

  • S3-Leitlinie „Neurologische Rehabilitation von sensomotorischen Störungen“ der DGNR (Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation), 2022
  • Multi-Society Task Force on PVS. „Medical aspects of the persistent vegetative state.“ New England Journal of Medicine, 1994

Außerklinische Beatmung:

  • Windisch W et al. „Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz.“ S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 2017
  • Randerath WJ et al. „Durchführungsempfehlungen zur invasiven außerklinischen Beatmung.“ Pneumologie, 2011

Neuromodulation bei Bewusstseinsstörungen:

  • Thibaut A et al. „tDCS in patients with disorders of consciousness: sham-controlled randomized double-blind study.“ Neurology, 2014
  • Giacino JT et al. „Placebo-controlled trial of amantadine for severe traumatic brain injury.“ New England Journal of Medicine, 2012

Weiterführende Informationen:

  • Deutsche Gesellschaft für Neurorehabilitation (DGNR): https://dgnr.de
  • Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB): https://digab.de
  • Selbsthilfeverband FORUM GEHIRN e.V.: https://forum-gehirn.de
  • Bundesverband Schädel-Hirnpatienten in Not e.V.

Angehörigenberatung und Unterstützung

Die Betreuung eines Wachkoma- oder Beatmungspatienten ist für Angehörige eine enorme physische und psychische Belastung. Wir bieten:

Umfassende Beratung

  • Aufklärung über Krankheitsbild und Prognose
  • Anleitung zu häuslicher Pflege und Therapie
  • Hilfsmittelberatung und Kostenübernahme
  • Vernetzung mit Selbsthilfegruppen und Betroffenen

Praktische Unterstützung

  • Anleitung in Lagerungstechniken und basaler Stimulation
  • Schulung in der Kommunikation mit dem Patienten
  • Organisation der Versorgung (Pflegedienst, Hilfsmittel, Ärzte)
  • Entlastungsangebote durch professionelle Therapie

Kostenübernahme

Gesetzliche Krankenversicherung

Die ergotherapeutische Behandlung von Wachkoma- und Beatmungspatienten wird in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn:

  • Eine entsprechende ärztliche Verordnung (Heilmittelverordnung) vorliegt
  • Die Therapie medizinisch notwendig ist
  • Die Behandlung im Heilmittelkatalog gelistet ist

Verordnungsfähige Leistungen:

  • Sensomotorisch-perzeptive Behandlung
  • Hirnleistungstraining/Neuropsychologisch orientierte Behandlung
  • Motorisch-funktionelle Behandlung
  • Hausbesuche bei medizinischer Notwendigkeit

Private Krankenversicherung

Private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten in der Regel vollständig nach Gebührenordnung für Therapeuten (GebüTh).

Zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten

  • Pflegekasse: Finanzierung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln
  • Unfallversicherung: Bei Arbeits- oder Wegeunfällen
  • Rentenversicherung: Bei Rehabilitationsmaßnahmen
  • Sozialamt: In besonderen Härtefällen

Ihr nächster Schritt

Haben Sie einen Angehörigen im Wachkoma oder einen beatmungspflichtigen Patienten, der ergotherapeutische Unterstützung benötigt? Wir sind für Sie da!

Kontaktieren Sie uns für:

  • Ein unverbindliches Erstgespräch
  • Eine professionelle Bewusstseinsdiagnostik (CRS-R)
  • Entwicklung eines individuellen Therapieplans
  • Beratung zu Hilfsmitteln und Versorgungsmöglichkeiten
  • Hausbesuche zur Beurteilung der häuslichen Situation

Vereinbaren Sie noch heute einen Termin – gemeinsam finden wir die beste Versorgung für Ihren Angehörigen.


Hinweis: Diese Informationen ersetzen nicht die ärztliche Beratung und Diagnostik. Die Therapieplanung erfolgt immer individuell nach ausführlicher Befunderhebung und in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten.